«Die Arbeit muss sinnstiftend sein»

09.03.2023

Franz-Xaver Leonhardt, Unternehmer, Hotelier (Krafft Gruppe) und Politiker (Grossrat, Die Mitte) setzt auf Dialog – sowohl im Beruf als auch in der Politik. Als eine der ersten Unternehmer-persönlichkeiten in Basel setzt Leonhardt auf die Viertage-Woche. Und dies mit grossem Erfolg, wie er gegenüber den «kmu news» ausführt.

«kmu news»: Franz-Xaver Leonhardt, Sie arbeiten viel und in unterschiedlichen Bereichen – doch arbeiten Sie auch gerne?
Franz-Xaver Leonhardt: Ja, sehr sogar.

Was macht Ihnen persönlich am meisten Spass an der Arbeit?
Mich fasziniert der Umgang mit den Menschen. Ich liebe es, gemeinsame Ziele zu definieren und dann miteinander eine Wegstrecke zu gehen. Dies gilt insbesondere bezüglich des Teams. Im Kontakt mit den Gästen höre ich viele unterschiedliche Geschichten aus unterschiedlichsten Bereichen – auch dies ist ein spannender Aspekt meiner Arbeit. Aber selbstverständlich habe ich durchaus Zeiten, in denen es etwas stressiger wird.

Wie entspannen Sie sich in oder nach solchen Momenten?
Bewegung in der Natur hilft mir sehr, sei es bei Skitouren, sei es beim Joggen oder auch beim Wandern.

Im Gespräch: Franz-Xaver Leonhardt

Eine Studie von Sotomo zeigt auf, dass die Idee einer Viertage-Woche in der Bevölkerung erstaunlich populär ist. Sinkt aus Ihrer Sicht das traditionelle Schweizer Arbeitsethos?
Nein. Die Arbeitsmoral verschlechtert sich nicht. Doch sie verschiebt sich. Die jüngere Generation hat einen anderen Bezug zum Thema Arbeit als die ältere.

Inwiefern?
Die jüngeren Mitarbeitenden definieren sich nicht primär über die Karriere. Arbeit muss für sie vielmehr etwas Sinnstiftendes sein. Sie wollen nicht einfach als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesehen werden, sondern möchten sich auf Augenhöhe in einem Team einbringen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wenn diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Arbeit eine echte Aufgabe sehen, dann sind sie total engagiert und machen keine halben Sachen. Aber sie wollen sich mit den Unternehmenswerten identifizieren können. Für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bringt dies mit sich, dass sie zunächst einmal selbst wissen müssen, wofür sie eigentlich stehen. Danach müssen sie in der Lage sein, diese Werte auch entsprechend zu leben und zu kommunizieren. Und die Unternehmen müssen bereit sein, neue Wege zu gehen.

Die Krafft-Gruppe ist eines der ersten Unternehmen, das auf eine Viertage-Woche setzt – welches sind die Gründe?
Nach der Corona-Krise fiel es uns schwer, alle freien Jobs im Unternehmen zu besetzen. In einer internen Umfrage unter den Mitarbeitenden stellte sich heraus, dass der Lohn nicht das entscheidende Kriterium ist. Als viel zentraler bezeichneten die Mitarbeitenden in dieser Umfrage das Thema Freizeit. Viele bevorzugen es, die Leistung von fünf Tagen innert vier Tagen zu erbringen. Das bedeutet zwar längere Arbeitstage, aber kürzere Arbeitswochen. Das kommt gut an. Natürlich ist dieses Modell nicht für alle Mitarbeitenden ideal. Deswegen ist es auch freiwillig.

Steigt dadurch der Koordinationsaufwand nicht enorm, gerade auch in einem Restaurationsbetrieb?
Dem ist so. Der Koordinationsaufwand steigt. Aber das ist immer noch besser, als zu wenige Mitarbeitende zu haben. Zudem: Die heute zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel erleichtern die Aufgabe erheblich.

Wie sind Ihre Erfahrungen nach der Einführung der freiwilligen Viertage-Woche?
Die Erfahrungen sind gut, sehr gut sogar. Die Mitarbeitenden sind insgesamt zufriedener. Und zufriedenere Mitarbeitende sind die besseren Mitarbeitenden. Unter dem Strich resultiert daraus also ein noch besserer Service für unsere Gäste. Das nenne ich eine Win-win-Situation für alle.

Sie haben sich einmal für «sozial verantwortliches Unternehmertum» ausgesprochen – was meinten Sie damit?
Es sind genau diese drei Begriffe, die mir wichtig sind. «Sozial» sollen wir Unternehmerinnen und Unternehmer uns auf verschiedenen Ebenen verhalten, einerseits gegenüber den Mitarbeitenden, andererseits gegenüber der Gesellschaft – und dann auch gegenüber der Umwelt. «Verantwortliches Handeln» erfordert die Bereitschaft, dazu zu stehen, wenn auch etwas nicht so gut läuft – und die Konsequenzen zu ziehen. Und als «Unternehmer» sind wir immer auch Entrepreneurs im besten Sinn des Wortes – Menschen, die versuchen, einen Mehrwert für die Allgemeinheit zu schaffen.

Wie bringen Sie Ihr politisches Mandat mit Ihrem Beruf und der Familie unter einen Hut?
Man muss lernen, nein zu sagen, Prioritäten zu setzen. Wichtig ist es, die Freude nie zu verlieren. Als ebenso wichtig sehe ich es an, dass man flexibel bleibt und auch bereit für Planänderungen ist, sofern diese erforderlich werden.

Welches sind für Sie die politischen Themen, für die Sie sich am vehementesten einsetzen?
Die Energiewende liegt mir sehr am Herzen. Ich stehe für eine pragmatische und unternehmerfreundliche Klimaneutralität ein. Die Basler Stimmbevölkerung hat dem Gegenvorschlag zur Klimagerechtigkeits-Initiative zugestimmt. Nun muss unser Kanton bis 2037 klimaneutral werden. Als Unternehmer verstehe ich diesen Auftrag als eine Chance. Bei allen politischen Aktivitäten stelle ich mir zudem immer die für mich zentrale Frage:
Welche Auswirkungen haben die entsprechenden Entscheidungen auf die nächste, auf die übernächste Generation?

Sie sind seit zweieinhalb Jahren Delegierter des Gewerbeverbands Basel-Stadt – welches sind Ihre grössten Anliegen an den Verband?
Ich wünsche mir einen Gewerbeverband, der offen für neue Ansätze und zielführende Lösungen ist. Wir müssen – das ist sehr wichtig – ein Verband aller Gewerbler sein, egal aus welcher politischen Richtung diese kommen. Dies wiederum erfordert Kompromissbereitschaft. Wir sollten als Gewerbeverband nicht Leute ausschliessen, sondern vielmehr das Gespräch suchen und die Menschen miteinschliessen. Nur so können wir als Gewerbeverband einen Beitrag leisten, unseren Kanton Basel-Stadt voranzubringen.