«Wahlen sind am spannendsten»
Basel tickt anders. Das gilt auch für die Politik, wie Staatsschreiberin Barbara Schüpbach-Guggenbühl, die Leiterin der Staatskanzlei, ausführt.
Frau Schüpbach-Guggenbühl, einer Ihrer Berufskollegen war Gottfried Keller, der erste Staatschreiber von Zürich von 1861 bis 1876. Er war es, der unter anderem «Die Leute von Seldwyla» verfasste. Kommt man sich als Basler Staatsschreiberin manchmal auch vor wie in Seldwyla, einem Dorf, in welchem die Leute nach dem Bau eines Hauses ohne Fenster versuchten, Licht mit Eimern ins Innere zu bringen?
Barbara Schüpbach-Guggenbühl: (Lacht) Es ehrt mich, dass Gottfried Keller ein Berufskollege war. Aber Basel ist gewiss nicht Seldwyla, glauben Sie mir.
Im Ernst, welches sind die Aufgaben der Staatsschreiberin?
Die Aufgaben in der Staatskanzlei sind vielfältig. Sie reichen von der Beratung des Regierungsrats meist in Verfahrensfragen über das Führen der regierungsrätlichen Geschäftsstelle bis hin zur eigentlichen Briefkastenfunktion des Kantons, die wir hier wahrnehmen. Ob Bund, Kantone oder Gemeinden, alle die in irgendeiner Art mit dem Kanton Basel-Stadt in Kontakt treten wollen, gelangen über die Staatskanzlei. Darüber hinaus verantworten wir die Wahlen und Abstimmungen, die Kommunikation des Kantons, die neue Wohnschutzkommission, die Mietschlichtungsstelle, das Rathaus und die Anlässe des Regierungsrats.
Inwiefern unterscheidet sich Basel von anderen Kantonen?
Bei uns fehlen die kommunalen Strukturen. Basler Politik ist immer Kantonalpolitik. Das ist beispielsweise in Zürich anders. Dort gibt es eine Kantonsregierung und ein kantonales Parlament – und daneben eine Stadtregierung und ein Stadtparlament.
Weswegen ist das von Bedeutung?
Das ist von Bedeutung, weil es keine kommunalen Abstimmungen in der Stadt Basel gibt. Liegt eine städtische Frage an, ist es immer gleich eine kantonale Vorlage, bei der Riehen und Bettingen mitbestimmen. Sie selbst befinden aber über ihre Gemeindeangelegenheiten alleine. Ein klassisches Beispiel ist der Rankhof. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in der Stadt haben die sogenannte Zonenplanerweiterung Ost angenommen, die Stimmberechtigten von Riehen und Bettingen waren aber mehrheitlich dagegen und so wurde die Vorlage schliesslich verworfen. Riehen kippte die Vorlage.
Was sind denn die Vorteile des Basler Modells?
Einerseits fallen Doppelspurigkeiten weg. Andererseits laufen viele Geschäfte in Basel rascher ab als in anderen Städten, weil nicht unterschiedliche Gebietskörperschaften miteinander in Verhandlungen stehen. Man spricht quasi «mit sich selbst».
Lassen sich dadurch auch Kosten sparen?
Ja. Darum treffen Aussagen wie «Die Basler Verwaltung ist zu gross» einfach nicht zu, weil sie gleichzeitig auch Stadtverwaltung ist.
Sie nehmen Petitionen, Initiativen und Referenden entgegen. Welches war bisher die aussergewöhnlichste Einreichung für Sie?
Ich habe bis anhin fast 90 Initiativen und Referenden und mehr als 100 Petitionen entgegengenommen. Ich finde es besonders berührend, wenn Menschen eine Petition einreichen, die persönlich betroffen sind. Ich erinnere mich an einen Tag, als der ganze Vorhof des Rathauses voller Kinder war. Sie hatten sich für einen sicheren Schulweg zum Vogelsangschulhaus eingesetzt.
Was geschieht, nachdem ein Vorstoss eingereicht wurde – welche Stationen durchläuft ein solches Geschäft, bspw. eine Petition?
Das ist sehr unterschiedlich. Richtet sich eine Petition an den Regierungsrat, nimmt er diese direkt entgegen. Richtet sie sich ans Parlament, ist die Petitionskommission involviert und das Geschäft wird erst später im Grossrat diskutiert. In jedem Fall hat man das Recht auf eine Antwort. Bei Initiativen und Referenden prüfen wir sämtliche Unterschriften, bevor das Geschäft zur Volksabstimmung gelangt. Und bei Initiativen muss zudem die Rechtmässigkeit geprüft werden.
Sind nicht alle Initiativen rechtmässig?
Viele Rechtsfragen können wir im Vorfeld beantworten. Initativen, die nicht rechtmässig sind, kommen selten vor.
Wo und wie ist man als Staatsschreiberin bei den entsprechenden Verfahren involviert?
Die Staatskanzlei ist verantwortlich, dass die Verfahren korrekt umgesetzt werden, dass die Fristen eingehalten werden, das Abstimmungsbüchlein erstellt wird, und dass am Schluss die Abstimmung durchgeführt wird. Es ist eine grosse und vielfältige Aufgabe. Sie wäre ohne ein professionelles und sehr gut eingespieltes Team nicht zu bewältigen. Dafür möchte ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Kränzchen winden und mich vor allem auch bedanken.
Welches war das spannendste Geschäft, dass Sie in Ihrer Zeit als Staatschreiberin begleitet haben?
Wahlen sind generell am spannendsten, weil es hier immer um Menschen geht, um Karrieren, manchmal um Schicksale – und weil sie selten wirklich voraussehbar sind. Spezielle Highlights waren auch die Ministerratskonferenz der OSZE 2014 und der Zionistenkongress im vergangenen Sommer. Bei beiden Anlässen war nicht zuletzt auch die Sicherheit ein wichtiges Thema.
Was fasziniert Sie ganz generell an Ihrem Job?
Ich finde es jeden Tag spannend, für einen solch modernen Kanton wie Basel-Stadt tätig zu sein. Wir haben eine Regierung, die sehr gut zusammenarbeitet. Und in der Staatskanzlei verfügen wir über ein grossartiges Team und ausgezeichnete Leute.