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Cramer & Urgese auf dem Prüfstand

Cramer & Urgese auf dem Prüfstand

Im Interview mit den «kmu news» sprechen Conradin Cramer, Kandidat für das Basler Regierungspräsidium, sowie Regierungsratskandidat Luca Urgese über ihre Ziele für Basel-Stadt und betonen die Wichtigkeit pragmatischer Ansätze für die Wirtschaft.

«kmu news»: Conradin Cramer, warum möchten Sie Regierungspräsident werden? Haben Sie genug vom Erziehungsdepartement?
Conradin Cramer (CC): Ich bin seit sieben Jahren Vorsteher des Erziehungsdepartements und gehe nach wie vor jeden Tag gerne zur Arbeit. Aber jetzt bietet sich für mich die Chance, Basel-Stadt als Regierungspräsident nach aussen und auch nach innen zu vertreten. Für diesen Job braucht es jemanden mit Erfahrung, der vermitteln kann und Basels Interessen gut vertritt – das traue ich mir zu und ich möchte die Chance packen.

Luca Urgese, was reizt Sie daran, von der Legislative in die Exekutive zu wechseln und wahrscheinlich Herrn Cramer im Erziehungsdepartement zu beerben?
Luca Urgese (LU): Als Grossrat konnte ich in den vergangenen neun Jahren wichtige Geschäfte begleiten und breite politische Mehrheiten schaffen. Viele dieser Projekte werden jedoch auf der Ebene des Regierungsrats umgesetzt und man kann auch selbst Akzente setzen. Hier möchte ich Einfluss nehmen, im Sinne der Bevölkerung, aber auch für das Gewerbe.

Werden Sie im Erziehungsdepartement andere Schwerpunkte setzen als Herr Cramer?
LU: Im Grundsatz blicke ich gerne nach vorne, denn es gibt einige Herausforderungen zu meistern, wie zum Beispiel die Berufsbildung. Wir müssen sicherstellen, dass Basler Schülerinnen und Schüler das richtige Rüstzeug für eine Berufsausbildung erhalten und Unternehmen die Jugendlichen aus den Basler Schulen gerne als Lernende annehmen. Dabei ist die Beherrschung der Sprache ein entscheidender Faktor. Wir müssen Ruhe ins Schulzimmer bringen und den Fokus auf Kernkompetenzen wie Lesen, Rechnen und Schreiben legen. Auch die Stärkung der sogenannten MINT-Fächer ist ein wichtiges Thema, das ich angehen möchte. Nicht vergessen darf man aber auch die grosse Bedeutung von Fachhochschule und Universität, wo wichtige Verhandlungen anstehen. Sind diese bei der Innovation erfolgreich, führt das zu Unternehmensgründungen, neuen Jobs und damit später auch zu neuen Aufträgen für das Gewerbe.

Herr Cramer, wo würden Sie im Präsidialdepartement die Schwerpunkte setzen?
CC: Beat Jans hat das Potenzial des Präsidialdepartements gut aufgezeigt. Ich meinerseits möchte darauf aufbauend die Interessen von Basel-Stadt gegenüber dem Bund und dem nahen Ausland wirkungsvoll vertreten. Ein Beispiel: Während der Pandemie wurden plötzlich die Grenzen geschlossen. Das war ein grosses Problem für unsere Region und unsere lokale Wirtschaft. Um in solchen Situationen schnelle Lösungen zu finden, sind Kontakte, kurze Entscheidungswege und Erfahrung entscheidend. Wichtige Themen sind zudem die dringend nötige Deblockierung bei Investitionen in unsere Wohnbauten und ein wirtschaftsverträglicher Klimaschutz.

Herr Urgese, welche Massnahmen planen Sie, um die Gymnasialquote zu senken und die Attraktivität der Berufslehre zu steigern? Ist das überhaupt notwendig?
LU: Ja, das ist es. Die Gymnasialquote ist zu hoch. Der Bezug zu nicht akademischen Ausbildungen ist in Basel-Stadt kleiner, das Gymnasium scheint für viele der Königsweg zu sein. Es muss uns gelingen, Schülerinnen und Schüler aus allen Bildungszügen optimal auf die Berufswelt vorzubereiten. Gefordert sind sowohl die Wirtschaft als auch die Lehrkräfte und die Erziehungsberechtigten. Wir müssen aufzeigen, dass man mit der Berufslehre erfolgreich Karriere machen kann. Dies gelingt uns z.B. mit Schnupperlehren und Betriebsbesichtigungen. Hierfür sollen sowohl die Lehrpersonen als auch die Eltern sensibilisiert werden. Als Erziehungsdirektor würde ich dazu beitragen, dass die entsprechenden Wege kurz sind.

Welche weiteren Massnahmen sehen Sie im Kampf gegen den Arbeitskräftemangel vor?
LU: Wir müssen Anreize schaffen, damit sich das Arbeiten lohnt. Ich bin klar für die Einführung der Individualbesteuerung, um steuerliche Fehlanreize zu beseitigen. Zudem ist es wichtig, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern. Dafür entscheidend sind der Ausbau von Kitas für Familien mit Vorschulkindern und Tagesstrukturen für Familien mit schulpflichtigen Kindern. Hier hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Dies gilt es nun sorgfältig umzusetzen und anschliessend zu analysieren, ob die gewünschte Wirkung erzielt wurde. Das Hauptziel ist: Eltern sollen entlastet werden.

Herr Cramer, wechseln wir das Thema: Was würden Sie im Präsidialdepartement speziell zugunsten des Basler Gewerbes tun?
CC: Jeder Entscheid des Regierungsrats muss die Wirtschaft berücksichtigen – dafür stehen Luca Urgese und ich ein. Ich warne besonders vor dem sogenannten «Basel Finish» in vielen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Lohngleichheitsanalyse. Oft benachteiligt der Basel Finish unsere KMU gegenüber den Unternehmen in anderen Kantonen. Damit müssen wir aufhören.

Wie würden Sie das Basler Gewerbe hinsichtlich der Klimaschutzstrategie «Klima 2037» unterstützen?
CC: Die Klimaschutzstrategie «Klima 2037» muss Hand in Hand mit den Unternehmen umgesetzt werden. Sie sind es, die die energetischen Sanierungen durchführen. Die Massnahmen dürfen nicht auf dem Buckel der Unternehmen eingeführt werden. Deswegen ist eine Intensivierung des Austauschs mit den Unternehmen, den Branchenverbänden und letztlich dem Gewerbeverband sehr wichtig. Dies sehe ich auch als meine Aufgabe an, wenn ich als Regierungspräsident gewählt würde.

Wie wollen Sie den Widerspruch zwischen Wohnschutz und Klimaschutz auflösen?
CC: Sowohl der ausgebaute Wohnschutz als auch die Klimaschutzstrategie basieren auf Entscheidungen der Stimmbevölkerung. Wir müssen diese beiden Bereiche in Einklang bringen, was gelingen kann, wenn wir Prioritäten setzen und pragmatisch vorgehen. Als Vorsteher des Präsidialdepartements könnte ich diese vermittelnde Rolle einnehmen.

Herr Urgese, Sie gelten als gewerbefreundlich – woran lässt sich dies festmachen?
LU: Ich freue mich, dass die Rankings zeigen, wie wichtig mir das Wohl unserer Wirtschaft ist. Beispielsweise habe ich mich gegen einen staatlich festgeschriebenen Mindestlohn und die 38-Stunden-Woche für Staatsbedienstete ausgesprochen. Ebenfalls habe ich diverse Vorstösse für das Gewerbe und die Wirtschaft eingereicht. So setzte ich mich für die 24-Stunden-Öffnung von unbedienten und digitalisierten Läden, für die digitale Baubewilligung sowie für die digitale Steuererklärung für juristische Personen ein. Digitalisierung ist wichtig und entscheidend für Fortschritt und Entwicklung. Entsprechend möchte ich auch die Digitalisierung im Erziehungsdepartement weiter vorantreiben.