«Basel hat eine Vorreiterrolle in der Energie- und Klimapolitik»

06.01.2021

Vor drei Jahren trat das neue Energiegesetz in Basel-Stadt in Kraft. Der Gewerbeverband Basel-Stadt hat bei der Ausarbeitung die Interessen der Wirtschaft eingebracht und steht hinter dem erarbeiteten Kompromiss. Im Interview zieht Matthias Nabholz, der Leiter des Amts für Umwelt und Energie des Kantons Basel-Stadt, eine erste Zwischenbilanz.

«kmu news»: Das neue Energiegesetz in Basel-Stadt ist nun schon seit dem 1. Oktober 2017 in Kraft. Was waren die Erwartungen und wurden diese erreicht?
Matthias Nabholz: Neu am revidierten Energiegesetz ist das Ziel, Basel zu «dekarbonisieren», also ein Umstieg von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien; das heisst unter anderem, Öl- und Gasheizungen schrittweise durch klimafreundliche Heizungen zu ersetzen. Diese neue Vorgabe hat ver-ständlicherweise zu Beginn viele Fragen aufgeworfen. Inzwischen findet das neue Gesetz eine breite Akzeptanz, ja, es wird sogar von anderen Kantonen und Städten kopiert. Unser Ziel, nämlich als Kanton und Stadt weiterhin eine Vorreiterrolle in der Energie- und Klimapolitik einzunehmen, wurde somit erreicht.

Die Heizungsbranche hat sich vor der Einführung grosse Sorgen gemacht, dass es zu Beginn einen Einbruch bei den Aufträgen geben wird. Das hat sich leider bewahrheitet. Die Anzahl der jährlich ersetzten Heizungen halbierte sich nach der Einführung der neuen Vorschriften. Wie sieht es aktuell aus?
Die Anzahl der ersetzten Heizungen liegt immer noch unter dem Schnitt der Jahre vor 2017. Das hat aber nicht nur mit dem Energiegesetz zu tun. Kurz vor dem Inkrafttreten des neuen Energiegesetzes mussten viele Heizun-gen saniert werden, um den Anforderungen der Luftreinhalteverordnung zu entsprechen; die Fristen dafür sind 2017 ausgelaufen. Diese Heizungen sind jetzt noch sehr neu und werden erst in einigen Jahren ersetzt. Ein weiterer Grund ist die Fernwärme. Viele Liegenschaftseigentümer wünschen sich einen Fernwärmeanschluss, können diesen aber erst dann realisieren, wenn das Netz in ihrer Strasse gebaut wird.

Wie gibt der Kanton Gegensteuer?
Hilfreich ist sicher, dass das Melde- und Bewilligungsverfahren für Wärmepumpen seit Anfang Jahr einfacher geworden ist. Gut angekommen sind auch die mündlichen Informationen. An Informationsveranstaltungen in den Quartieren sowie in Riehen und Bettingen konnten wir Hauseigentümern die verschiedenen Möglichkeiten für den Heizungsersatz erläutern. Zusätzlich ist unsere kostenlose Energieberatung täglich im Einsatz.

In Riehen werden einzelne Projekte von Wärmepumpen von der Ortsbildkommission blockiert. Auch in Basel gibt es immer wieder Diskussionen, auch über Solaranlagen in der Schutzzone. Müsste man diese Einsprachemöglichkeiten nicht stärker einschränken, um schneller vorwärts zu kommen?
Das Bau- und Gastgewerbeinspektorat sorgt dafür, dass im Zusammenhang mit der Instal-lation einer Anlage alle Erfordernisse berücksichtigt werden, technische und ästhetische. Die ästhetische Beurteilung von Projekten fällt nicht in unseren Aufgabenbereich. Wir sind überzeugt, dass durch das Lockern der Bewilligungspflicht für Wärmepumpen viele Probleme gelöst werden konnten. Wärmepumpenprojekte lassen sich so heute viel schneller realisieren als noch vor einem Jahr.

Welche Angebote gibt es für KMU?
Was viele nicht wissen: Unsere Energieberatung unterstützt auch KMU, sei es bei einem Heizungsersatz oder bei Fragen aus der Branche. Vor-Ort-Beratungen zusammen mit den Installateuren gibt es immer wieder. Diese kantonale Energieberatung steht auch KMU sowie Einzelpersonen kostenlos zur Verfügung.

Welche neuen Fördermassnahmen wurden zusätzlich noch eingeführt?
Seit das neue Energiegesetz in Kraft ist, gelten deutlich höhere Förderbeiträge für Anlagen, die erneuerbare Energie nutzen. Die hohen Förderbeiträge verhindern, dass diese Anlagen teurer sind als konventionelle, fossil betriebene Heizungen. Neu ist auch, dass es überhaupt Förderbeiträge für Luft-/Wasser-Wärmepumpen gibt.

Der neue Energierichtplan ist zudem seit Einführung des neuen Energiegesetzes vom Regierungsrat verabschiedet worden. Was müssen KMU dazu wissen?
Der Energierichtplan bietet allen Beteiligten Planungssicherheit, nicht nur den KMU. Er zeigt auf, wo welche Energieträger genutzt werden können. So ist beispielsweise ersichtlich, wo ein Anschluss an das Fernwärmenetz möglich ist und wo Alternativen gesucht werden müssen. Wichtig ist, dass der Energierichtplan behördenverbindlich ist. Er macht den KMU also keine Vorschriften, sondern ist als Planungsinstrument gedacht, mit dem eine koordinierte Nutzung der vorhandenen Potenziale erreicht werden kann.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und der Gebäudetechnikbranche?
Die Zusammenarbeit mit Suissetec, dem Gebäudetechnikverband, klappt sehr gut. Wir konnten die Bedürfnisse der Branche an einem Runden Tisch, der vom Gewerbeverband Basel-Stadt initiiert worden ist, aufnehmen und entsprechend in die Praxis umsetzen. Dem Kunden draussen ist am meisten geholfen, wenn wir im Gespräch bleiben und die Entwicklung in Richtung Dekarbonisierung von Basel gemeinsam vorantreiben. Das ist unser Ziel, dafür setzen wir uns ein und stehen bei Fragen auch gerne in Zukunft zur Verfügung.

www.aue.bs.ch/energie/gebaeude-energie/energiegesetz.html