«Die geforderten Netto-Null-Ziele sind pures Wunschdenken»

02.11.2022

Andreas Meyer, Inhaber dreier KMU in den Bereichen Haustechnik und Gebäudehülle sowie Präsident von Gebäudehülle Schweiz Sektion Basel-Stadt, führte an der Medienkonferenz des Komitees «für eine realistische Klimapolitik» die Argumente des Baugewerbes gegen den Basler Klima-Alleingang aus. Die KMU News haben nachgefragt.

Andreas Meyer, Präsident Gebäudehülle Schweiz Sektion Basel-Stadt

«kmu news»: Herr Meyer, warum setzen Sie sich an vorderster Front für ein doppeltes Nein zur sogenannten «Klimagerechtigkeits-Initiative» sowie den Gegenvorschlag ein?
Andreas Meyer: Aus Unternehmersicht müsste ich tatsächlich für die Vorlage sein, wenn ich das Steigerungspotenzial ansehe. Aber eben nur dann, wenn ich kurzfristig, oberflächlich und im Eigeninteresse handle. Denn bei genauerer Betrachtung erweisen sich beide – Initiative und Gegenvorschlag – als völlig unrealistische Ansätze. Grosse Herausforderungen wie der Fachkräftemangel, Lieferengpässe oder die Mobilitätsbedürfnisse des Gewerbes werden völlig negiert.

Für die Umsetzung einer zeitnahen Dekarbonisierung im Gebäudebereich braucht es zusätzliches Fachpersonal. Ihre Branche leidet jedoch wie viele andere auch unter erheblichem Fachkräftemangel.
In der Tat. Die Zahl der Auszubildenden in unserer Branche, ist leider stark rückläufig. Im Jahr 2013 waren 897 Lernende schweizweit in Ausbildung. Stand 2020 waren es lediglich 735 Lernende. Hinzu kommen die Fachkräfte aus den Babyboomer-Jahren, welche nun in den verdienten Ruhestand gelangen und dadurch dem Markt verloren gehen. Im Kanton Basel-Stadt finden Sie aktuell keine zehn laufenden Lehrverhältnisse im Bereich der Gebäudehülle. Angesichts dieser Situation ist die geforderte Umsetzung der Netto-Null-Ziele von Initiative und Gegenvorschlag pures Wunschdenken.

Initiative und Gegenvorschlag hätten auch einschneidende Konsequenzen im Mobilitätsbereich. Fahrzeuge und Maschinen mit Verbrennungsmotor wären bis spätestens 2030 bzw. 2037 verboten.
Genau. Aktuell sind für unsere Branche keine Co2-freien Fahrzeuge erhältlich. Unsere Anforderungen an die Lieferwagen bis 3,5 Tonnen können leider noch nicht erfüllt werden. Und selbst wenn, wären die finanziellen Folgen nicht tragbar. In meinen Betrieben müssten binnen sieben Jahren 25 Fahrzeuge ersetzt werden, was eine Investition von 1,4 Millionen Franken auslösen würde. Bis 2030 wären das jährlich 200 000 Franken nur für Fahrzeuge, dabei sind anderweitige Geräte und Maschinen noch gar nicht berücksichtigt. Welches kleinere KMU ist zu so etwas fähig?