Eine sinnvolle Strategie für einen attraktiven Wirtschafts- und Wohnkanton
Mit einer Anpassung des kantonalen Richtplanes möchte der Regierungsrat die Entwicklung von Basel-Stadt begünstigen. Die Vorlage weist allerdings zahlreiche Schwächen auf. Erstens gehen zahlreiche Änderungen direkt zulasten der Wirtschaft, und zweitens lässt die Regierung mehrere städtebauliche Entwicklungschancen ungenutzt, wie der Gewerbeverband Basel-Stadt und der frühere Kantons- und Stadtentwickler Thomas Kessler heute an einer Medienorientierung darlegten.
Basel-Stadt weist seit Jahren ein Wirtschaftswachstum und eine Zunahme der Wohnbevölkerung auf. Das ist erfreulich. Mit einer Anpassung des kantonalen Richtplans möchte der Regierungsrat die Grundlagen dafür schaffen, dass diese Entwicklung weiter begünstigt wird. Die geplanten Massnahmen sind aber nicht nur eine Bedrohung für die Attraktivität des Kantons als Wirtschafts-standort, sie sind auch mutlos und mangelhaft was die Siedlungsentwicklung betrifft.
DIFFERENZIERTE SICHT AUF ENTWICKLUNGSGEBIETE NÖTIG
Kurze Wege, nahe Dienstleistungen und eine vielfältige KMU-Wirtschaft sind wesentliche Faktoren für die Attraktivität des Standorts Basel-Stadt. Dazu braucht die Wirtschaft – insbesondere auch das emissionsstärkere Gewerbe – attraktive Flächen mit Entwicklungspotenzial. «Die Anpassung des kantonalen Richtplans hingegen geht genau in die falsche Richtung», sagt Gewerbedirektor Gabriel Barell. «Passagen im bisherigen Richtplan wie ‹Lärmintensives Gewerbe soll in geeigneten Gebieten einen Standort finden› sollen ersatzlos gestrichen werden.» Das ist ein gefährliches Signal und führt letztlich zur Abwanderung von Gewerbetrieben – und somit zur Abwanderung der Arbeits- sowie Ausbildungsplätze und des Steuersubstrats.
Die Regierung möchte auf jedem Transformationsareal einen Wohnanteil von rund 50 Prozent realisieren. «Das ist keine intelligente Strategie», kritisiert Barell. Es brauche eine differenzierte Betrachtung der jeweiligen Entwicklungsgebiete. So wäre beispielsweise auf dem Klybeck ein deutlich höherer Wohnanteil sinnvoll, das Lysbüchelareal – eines der qualitativ besten Gewerbegebiete – ist hingegen als reine Wirtschaftsfläche weiterzuentwickeln.

Referenten: Thomas Kessler (ehem. Kantons- und Stadtentwickler), Gewerbedirektor Gabriel Barell und Politikleiter Patrick Erny (v.l.)
CHANCEN ERGREIFEN, POTENZIAL ERKENNEN
Bezüglich Siedlungsentwicklung bleibt die Richtplananpassung mutlos. Die Entwicklung nach innen, die viel Potenzial aufweist, wird vom Regierungsrat nur halbherzig vorangetrieben. Konkret heisst dies, dass Aufzonungen auch grossflächig möglich sein sollten, wie Barell erklärt. Zudem darf die vertikale Verdichtung im Siedlungsgebiet nicht vergessen werden. So kann gleichzeitig die Wohnnutzung gefördert und der Druck auf das Gewerbe vermindert werden.
Sowohl der Gewerbeverband Basel-Stadt wie auch der frühere Kantons- und Stadtentwickler Thomas Kessler sind überzeugt, dass das Potenzial in Basel-Stadt besser genutzt werden kann. Unverständlich ist beispielsweise, dass die Stadtrandentwicklung Ost komplett aus dem Richtplan gestrichen werden soll. Die Stimmbevölkerung hat sich nicht generell gegen eine Wohnnutzung an diesem Standort ausgesprochen. Hier muss die Regierung schnell die Hausaufgaben machen.
MEHR MUT ZEIGEN
Thomas Kessler betont, dass es in Basel-Stadt durchaus Potenzial hat, um Projekte voranzutreiben. Ein Beispiel ist der Rankhof respektive das ehemalige BVB-Busdepot. «Dort könnten innerhalb weniger Jahre ganze Wohnsiedlungen entstehen», sagt Thomas Kessler. Zugleich sollte das Tempo bei bestehenden Projekten wie «Klybeckplus» erhöht werden. Dadurch können auch die für die Wirtschaft wichtigen Nutzungsreserven geschaffen werden. «Die Siedlungsentwicklung darf nicht völlig isoliert betrachtet werden», betont Kessler. «Das Gewerbe ins Umland zu verdrängen, ist auf lange Sicht weder sinnvoll noch zielführend für eine erfolgreiche Stadtentwicklung.»