Fenster mit Vakuumspalt hält Kälte fern

16.10.2021

Gute Wärmedämmung ist eine zentrale Voraussetzung für einen energieeffizienten Schweizer Gebäudepark. Wie eine gute Dämmung von Fenstern und Wänden erreicht werden kann, ist von Gebäude zu Gebäude verschieden. Bei historischen Bauten kann der Einbau von Vakuumgläsern in gut erhaltene Fensterrahmen eine bevorzugte Lösung sein, wie ein innovatives Projekt unter dem Dach des Gewerbeverbandes Basel-Stadt zeigt.

Das Pilothaus in Meilen (ZH) hat gezeigt, dass eine ultraschlanke Gebäudehülle mit Vakuumgläsern und hochdämmenden Wandelemente den Minergie-A Standard erfüllen kann. Foto: Martin Gruber

Bei Neubauten, aber auch bei Gebäudeerneuerungen, sind heute Fenster mit Dreifach-Isolierglas Stand der Technik. Sie halten die Kälte fast doppelt so gut von den Wohnräumen fern als die vormals eingebauten Zweifach-Fenster. Oder in Zahlen ausgedrückt: Heute gebräuchliche Fenster mit drei Glasscheiben haben – bezogen auf die Glasfläche – einen Wärmedurchgangskoeffizienten (U) von 0,6 bis 0,5 W/m2K. Das bedeutet, dass auf einem Quadratmeter Fensterfläche pro Stunde rund 10 Wattstunden (oder 0,01 kWh) Wärme verloren gehen, wenn die Temperaturdifferenz zwischen innen und aussen 20 Grad beträgt.

SCHEIBEN MIT VAKUUMSPALT

Dreifach-Isoliergläser bieten einen hohen Standard an Wärmedämmung. Allerdings brauchen die Gläser mit 40 bis 60 mm vergleichsweise viel Platz. Mit dieser Elementdicke passen sie in aller Regel nicht in den Rahmen eines historischen Fensters. Fenster mit drei Isoliergläsern sind auch schwer: Das beeinträchtigt ihre Bedienbarkeit, reduziert die Langlebigkeit der Beschläge und erschwert den Bau grosser Fensterflächen. Vakuumgläser, wie sie schon seit Jahren auf dem Markt angeboten werden, könnten Abhilfe schaffen: Sie isolieren bisher etwa gleich gut wie Dreifach-Isoliergläser, sind aber deutlich weniger dick (im Bereich von 6 bis 12 mm) und leichter. Vakuumgläser bestehen aus zwei Glasscheiben, zwischen denen ein nur 0,2 mm breiter Zwischenraum ist. Dieser Spalt wird bei der Herstellung vakumiert, was den Fenstern zu einer sehr guten Wärmeisolation verhilft. Silikontupfer dienen als Abstandshalter zwischen den beiden Scheiben.

Ein Vakuumglas besteht aus zwei Glasplatten mit einem schmalen Zwischenraum, in dem ein wärmeisolierendes Vakuum herrscht.

SCHLANKES SCHIEBEFENSTER

Bei Verarbeitung und Anwendung von Vakuumglas herrscht in der Schweiz bisher noch wenig Erfahrung. Ein vom Bundesamt für Energie unterstütztes Pilotprojekt hat nun zusätzliches Knowhow bereitgestellt. In einem Teilprojekt entwickelte die auf Fenster- und Fassadensysteme spezialisierte Gerber-Vogt AG (Allschwil) ein besonders schlankes Schiebefenster, das mit Vakuumgläsern bestückt werden kann. Die Schiebefenster einer ersten Vorserie wurden in einem Pilot-Einfamilienhaus in Meilen (ZH) getestet und danach weiterentwickelt. Daraus ging ein Schiebefenster hervor, dessen U-Wert – bezogen auf das gesamte Fenster einschliesslich Rahmen – 0,69 W/m2K beträgt. Damit isoliert das Fenster (leicht) besser als ein gleich grosses Fenster mit Dreifach-Verglasung (U-Wert: 0,76 W/m2K).

SANIERUNG HISTORISCHER FENSTER

Bei einem zweiten Teilprojekt wurden Vakuumgläser in einem Basler Altbau in gut erhaltene Fensterrahmen eingesetzt. Auch hier konnte energetisch ein ansprechendes Ergebnis erzielt werden (U-Wert für das gesamte Fenster: 1,5 W/m2K). «Vakuumgläser empfehlen sich aktuell in erster Linie für die Sanierung historischer Fenster in denkmal-geschützten Gebäuden. Sie ermöglichen hier ein grosses, sofort realisierbares Energiespar-potenzial», sagt Martin Gruber, der das Projekt unter dem Dach des Gewerbeverbandes Basel-Stadt geleitet hat.

HOLZ-METALL-RAHMEN VON ARCHITEKTEN BEVORZUGT

Vakuumgläser werden von asiatischen Herstellern wie dem japanischen Glaskonzern AGC angeboten und neuerdings über die Tochterfirma Interpane auch in Europa produziert. Da die Gläser nicht ohne weiteres in bestehende Fensterrahmen eingesetzt werden können, müssen entsprechende Fenster neu entwickelt werden. Genau diese Möglichkeit bietet das Schiebefenster, das die Gerber-Vogt AG im Rahmen des BFE-Pilotprojekts gebaut hat: Das Fenster besteht aus einem Holz-Metall-Rahmen, wie er von vielen Architekten bevorzugt wird. «Wir wollten den Architekten ein Schiebefenster mit filigranem Rahmen bereitstellen, mit dem sie grossflächige Fensterbänder für Büro- und Wohngebäude, Schulen, Altersheime oder Spitäler realisieren können», sagt Michael Gerber, Geschäftsleiter der Gerber-Vogt AG. Schiebefenster haben gegenüber Fenstern mit Dreh-Kipp-Mechanismus den Vorzug, dass die Flügel nie in den Raum hineinstehen. Das macht grosse Fenster sicherer und leichter handhabbar.

INFO

Der Schlussbericht zum BFE-Pilotprojekt «Entwicklung hochisolierender Fenstersysteme mit Vakuumgläsern und ultraschlanker opaker Fassadenteile» ist abrufbar unter: www.aramis.admin.ch/Texte/?ProjectID=38688