Gewerbeflächen: Von Gesamtplanung keine Spur
Ein Kommentar von Gewerbepräsident Marcel Schweizer zur fehlenden Gesamtsicht der kantonalen Wirschaftsflächenpolitik.
«In einer Stadt soll man wohnen und arbeiten können. Diesen Satz würden wohl so ziemlich alle unterschreiben. Wenn es allerdings um die Umsetzung dieses an sich unbestrittenen Anspruchs geht, fangen die Schwierigkeiten an. Arbeitsplätze ja, aber bitte nur ganz leise. Unternehmen ja, aber bitte keine Warenlieferung vor 7 Uhr morgens oder kein Gipfeliduft nachts um drei. Und so weiter.
Die Akzeptanz, dass arbeiten nicht nur leise und geruchsneutral ist, schwindet zusehends. Die Industrie- und Gewerbezonen, eigentliche Schutzareale für emissionsstärkere Unternehmen, geraten zunehmends unter Druck. Das zeigt sich schon rein zahlenmässig. Ihr Anteil an der Gesamtfläche im Kanton beträgt gerade mal noch 3,9 Prozent. Berücksichtigt man laufende Umnutzungsplanungen, könnten es bald nur noch drei Prozent sein.
Allerdings bedarf dies einer geschickten Gesamtplanung. Gesamtplanung heisst, dass die Top-Gewerbeflächen erhalten und sinnvoll verdichtet werden.
Drei Prozent, das ist alarmierend. Aber trotzdem könnte das reichen, auch für zusätzliche Firmenansiedlungen in der Zukunft. Allerdings bedarf dies einer geschickten Gesamtplanung. Gesamtplanung heisst, dass die Top-Gewerbeflächen erhalten und sinnvoll verdichtet werden. Dazu braucht es eine Auslegeordnung, welche Gewerbe- und Industrieareale besonders gut geeignet sind. Der Gewerbeverband Basel-Stadt hat eine solche Gesamtschau gemacht.
Die Ergebnisse sind anschaulich und nachvollziehbar. Analysiert man Faktoren wie die Form (Kompaktheit) und die Lärmtoleranz der acht verbliebenen Gewerbe- und Industriezonen, zeigt sich: Das Areal Lysbüchel und das gleich angrenzende Areal Neudorfstrasse schneiden am besten ab. Unser Schluss daraus ist klar: Diese Areale gilt es vollständig für produzierendes Gewerbe und Industrie zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Strategie: Alles über einen Kamm scheren. Das kann es doch nicht sein.
Die Strategie des Kantons geht leider in eine andere Richtung. Es wird angestrebt, auf allen acht verbliebenen Industrieflächen einen Wohnanteil von plus/minus 50 Prozent zu erreichen. Unabhängig von der Eignung des Areals. Strategie: Alles über einen Kamm scheren. Das kann es doch nicht sein. Sinnvoller wäre, die Top-Areale als reine Wirtschaftsflächen zu erhalten und weiterzuentwickeln und auf anderen Arealen, zum Beispiel dem Klybeck, einen Schwerpunkt Wohnen zu setzen.
Die verfehlte Politik bedroht derzeit das Lysbüchel-Areal, wo mitten in eine der besten Wirtschaftflächen Wohnungen gebaut werden sollen. Dass dies unsinnig ist, zeigt sich nur schon daran, dass diese Wohnungen erhöhte Lärmschutzforderungen erfüllen müssen. Das ist nicht nur teuer, sondern nützt auch nichts, wenn die Fenster geöffnet sind. Dann kommen die Lärmklagen, die Streitereien und am Ende zieht der Betrieb mit seinen Arbeitsplätzen, dem Steuersubstrat, kurzen Wegen weg in angrenzende Kantone. Deshalb wehren wir uns dagegen, dass eine der besten Gewerbe- und Industrieflächen zerschnitten wird.
Intelligente Lösungen statt Gieskannenprinzip – das muss die Lösung sein.»