Lohngleichheitskontrollen haben im Beschaffungswesen nichts verloren
Der Gewerbeverband Basel-Stadt begrüsst die angestrebte Harmonisierung des schweizerischen Beschaffungsrechts auf Bundes- und Kantonsebene. In seiner Stellungnahme zum kantonalen Einführungsgesetz zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen fordert er jedoch den Verzicht auf unnötige Lohngleichheitskontrollen. Vielmehr sind die Beschaffungsprozesse mit Hilfe der Digitalisierung zu vereinfachen und zu entschlacken.
Mit dem vorliegenden Einführungsgesetz zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vollzieht Basel-Stadt als einer der ersten Kantone die seit Jahren angestrebte Harmonisierung des Beschaffungsrechts zwischen Bund und Kantonen. Der Gewerbeverband Basel-Stadt begrüsst dies sehr: «Die neue Gesetzgebung vereinfacht die Arbeit und schafft Rechtssicherheit für zahlreiche KMU in verschiedensten Branchen, die oftmals in mehreren Schweizer Kantonen oder in der ganzen Schweiz tätig sind», lobt Gewerbedirektor Gabriel Barell.
KEINE GLEICHSTELLUNGSPOLITISCHEN EXPERIMENTE IM BESCHAFFUNGSWESEN
Überhaupt nicht ins ansonsten stimmige Bild passt hingegen die Absicht des Regierungsrates, Lohngleichheitskontrollen als Eintrittsschwelle für die Teilnahme an Submissionen festzulegen. Obgleich bislang in der Schweiz keine wissenschaftliche Evidenz für das Vorhandensein von Lohndiskriminierung erbracht werden konnte, sollen ab 2021 alle Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden eine beglaubigte Logib-Analyse vorlegen, um überhaupt berücksichtigt werden zu können. Der Gewerbeverband Basel-Stadt lehnt diese unnötige, methodisch umstrittene, bürokratische und teure Massnahme dezidiert ab. Ein mehrjähriges Pilotprojekt – zu welchem nach wie vor keine öffentlich zugängliche Evaluation vorliegt – hat deutlich aufgezeigt, dass die Durchführung solcher Kontrollen selbst grössere Unternehmen für mehrere Tage unproduktiv bindet, ohne dass dadurch ein konkreter Nutzen festgestellt werden konnte.
VOLLZUG IST ENTSCHEIDEND
Ansonsten ist die neue, weitgehend harmonisierte Gesetzgebung aus Sicht des Gewerbeverbands Basel-Stadt grundsätzlich gelungen. Positiv ist insbesondere die stärkere Gewichtung qualitativer Kriterien sowie dass der Preis nicht als allein ausschlaggebendes Kriterium gelten soll («vorteilhaftestes» statt «wirtschaftlich günstigstes» Angebot). Man darf jedoch keine «Wunderdinge» erwarten. Auch die heutige Gesetzgebung ist grundsätzlich zielführend und praktikabel. Entscheidend sind – wie immer, im Beschaffungswesen aber ganz besonders – die Umsetzung und der konkrete Vollzug.
BESCHAFFUNGSPROZESSE VEREINHEITLICHEN UND ENTSCHLACKEN
Und hier gibt durchaus noch Luft nach oben: Ziel muss es sein, den Beschaffungsprozess nach und nach durchgängig und vollständig zu digitalisieren und zu vereinheitlichen. Dabei sollen auch die Anzahl, die Komplexität und die Gültigkeitsdauer bestehender Zertifikate und weiterer Teilnahmeunterlagen kritisch hinterfragt und optimiert werden. Zudem sind bei allen Beschaffungsstellen des Kantons inklusive staatsnaher Betriebe identische Verfahren vorzusehen sowie generell die gleichen Submissionsformulare und -beilagen zu verwenden.