Mehr Bürokratie trotz Coronakrise: Grosser Rat verzichtet auf Sistierung der Lohngleichheitskontrollen im Beschaffungswesen

10.02.2021

Der Grosse Rat hat heute die bürokratische Belastung der Basler Unternehmen weiter verschlimmert. Er lehnte eine Motion ab, welche aufgrund der Coronakrise die Sistierung der ab Mai 2021 vorgesehenen Lohngleichheitsanalysen im Beschaffungswesen verlangte. Mit der generellen Forderung nach Lohngleichheitskontrollen für alle Unternehmen mit über 50 Mitarbeitenden droht bereits weiteres Ungemach für die hiesige KMU-Wirtschaft.

Die KMU-Wirtschaft leidet stark unter den staatlich verordneten Massnahmen zur Bekämpfung der Coronakrise. In solchen Zeiten ist es besonders wichtig, die Unternehmen nicht auch noch mit unnötigem bürokratischen oder finanziellen Mehraufwand zu belasten. Leider tat der Grosse Rat heute genau das mit der Ablehnung einer Motion von SVP-Grossrat Joël Thüring, welcher die Einführung von Lohngleichheitsanalysen im Beschaffungswesen aufgrund der Coronakrise für mindestens ein Jahr sistieren wollte.

LOGIB-ANALYSEN IM BESCHAFFUNGSWESEN

Ab Mai werden somit Lohngleichheitsanalysen im öffentlichen Beschaffungswesen Pflicht. Dabei sollen entgegen der bisherigen Absicht auch Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden zu aufwändigen Logib-Analysen verpflichtet werden, wenn sie weiterhin an kantonalen Submissionen teilnehmen wollen. Die Durchführung von Logib-Analysen ist für die betroffenen Unternehmen mit einem beträchtlichen Mehraufwand verbunden. Der Arbeitsaufwand beträgt je nach Grösse und Struktur des Unternehmens zwei bis acht Tage. Ein konkreter Nutzen konnte in Pilotprojekten nicht festgestellt werden. «Angesichts der drastischen Auswirkungen der Coronakrise auf weite Teile der KMU-Wirtschaft ist es gerade zum jetzigen Zeitpunkt unverständlich und unverantwortlich, den Unternehmen eine derartige administrative und finanzielle Mehrbelastung aufzubürden», hält Gewerbedirektor Gabriel Barell fest.

NÄCHSTER REGULIERUNGSSCHUB WARTET BEREITS

Mit der Umsetzung der Motion von SP-Grossrätin Nicole Amacher durch den Regierungsrat, welche im Sinne eines «Basel Finish» extern beglaubigte Lohngleichheitsanalysen für alle Unternehmen ab 50 Mitarbeitende verlangt, wird sich der Grosse Rat schon bald wieder mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen. Auf Bundesebene besteht seit der letzten Revision des Gleichstellungsgesetzes diese Pflicht für alle Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden.

GLEICHSTELLUNG IST EINE ÖKONOMISCHE NOTWENDIGKEIT

Für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ist es eine ökonomische Notwendigkeit, gleiche Löhne zu zahlen. Diskriminierung ist ineffizient und wird vom Markt sanktioniert. Die Folgen sind hohe Fluktuation und Rekrutierungskosten. In den nächsten Jahren werden mehr Arbeitskräfte den Arbeitsmarkt verlassen als neu in den Arbeitsmarkt eintreten. Die Fachkräfteknappheit nimmt zu. Die Unternehmen sollten nicht mit zusätzlichen kostentreibenden Auflagen wie Lohngleichheitsanalysen belastet werden. Stattdessen ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum Beispiel in Form der Individualbesteuerung, weiter zu verbessern.