Nein zu VoltaNord als Chance für eine bessere Planung

22.10.2018

Der Lysbüchel ist die letzte grosse Gewerbefläche im Kanton Basel-Stadt. Sie ist ideal für Produktionsbetriebe geeignet. SBB Immobilien und der Kanton wollen mitten im Lysbüchel eine Wohnüberbauung forcieren. Dagegen wehrt sich das breit abgestützte Komitee «Nein zur Fehlplanung VoltaNord». Mit einem Nein zu dieser Fehlplanung am 25. November gewinnt Basel-Stadt die Chance auf eine überzeugende Arealentwicklung, von der alle profitieren. Zeit dafür ist genügend vorhanden.

Bereits in der Grossratsdebatte hat sich gezeigt: Wirklich überzeugt ist kaum jemand vom vorliegenden Ratschlag VoltaNord, über den die Stimmbevölkerung Basel-Stadt am 25. November entscheidet. Und das aus gutem Grund: Der Ratschlag ist ein Flickwerk mit zahlreichen Mängeln. Bei einem Ja zu VoltaNord würden in erster Linie die SBB Immobilien gewinnen, welche das Areal mit einer Wohnüberbauung vergolden könnte. Ein breit abgestütztes Komitee aus Parteien, Verbänden und Quartiersvertretern plädiert für ein «Nein zur Fehlplanung VoltaNord». Ein Nein ermöglicht eine bessere Planung, welche die Bedürfnisse der Bevölkerung, des Quartiers, des Kantons Basel-Stadt und des Gewerbes berücksichtigt.

FIRMEN WANDERN AUS BASEL AB

Basel-Stadt verliert Unternehmen. Zahlen des statistischen Amtes Basel-Stadt belegen, dass fast doppelt so viele Unternehmen von Basel in andere Kantone ziehen als umgekehrt. «Das ist eine Tatsache», sagte Gewerbedirektor Gabriel Barell heute an einer Medienorientierung. «Der Grund liegt darin, dass diese Firmen in Basel keine geeigneten, verfügbaren und bezahlbaren Flächen finden.» Basel-Stadt verliert so Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Steuereinnahmen; die Dienstleistungsversorgung für die Bevölkerung verschlechtert sich. Der Mangel an Gewerbeflächen ist auch in der Wirtschaftsflächenstudie des Kantons Basel-Stadt belegt.

LEBENSQUALITÄT DANK VIELFÄLTIGEN DIENSTLEISTUNGEN

Das produzierende Gewerbe gehört zu einer lebendigen, attraktiven Stadt. Dazu braucht es aber geeignete Flächen – und zwar für alle Wirtschaftszweige. «Die Diversifizierung der Wirtschaft ist nicht nur ein Gebot der Vernunft, sondern auch eine soziale Verpflichtung», betont Gewerbedirektor Barell. Der Lysbüchel ist diejenige Fläche, die am besten für das produzierende Gewerbe geeignet ist. Mit einer forcierten Wohnüberbauung mitten im Lysbüchel würde die Qualität dieser Wirtschaftsfläche unwiderruflich kaputt gemacht.

UNATTRAKTIVE, KONFLIKTREICHE WOHNLAGE

Der Kanton Basel-Stadt und SBB Immobilien versuchen die Planung als friedliches Miteinander von Wohnen und Gewerbenutzungen zu verkaufen. Dass die Realität anders aussehen wird, ist im Ratschlag klar ersichtlich, wie Grossrätin Gianna Hablützel-Bürki (SVP Basel-Stadt) erklärt. «Die Wohnungen müssen speziell hohe Lärmschutzanforderungen erfüllen. Damit bestätigen auch die Behörden, dass die Wohnlage alles andere als gut ist.» Zudem nützt die beste Dämmung nichts, wenn die Bewohnerinnen und Bewohner die Fenster öffnen. Konflikte mit den umliegenden Unternehmen sind vorprogrammiert. Die neue Wohnüberbauung läge in direkter Nachbarschaft der Kehrichtverbrennungsanlage, einer Chemiefirma, des Schlachthofs und der Elsässerbahn. «Diese Nutzungen bleiben weiterhin bestehen», sagt Grossrätin Hablützel-Bürki. Das Störfallrisiko für die Wohnnutzung wird lediglich als «bedingt tragbar» eingestuft. Zudem lägen die Wohnungen direkt an der Lysbüchelstrasse. Dort gibt es täglich 60 Lastwagenfahrten zum Volta-Lagerhaus, das einen Baurechtsvertrag bis 2071 besitzt.

GROSSES WOHNRAUMPOTENZIAL AN WOHNLICHEN ORTEN

Es ist möglich, die am besten geeignete Wirtschaftsfläche zu erhalten und gleichzeitig den Bedarf an zusätzlichem Wohnraum zu decken. In Basel sind derzeit mehrere tausend Wohnungen in Bau oder projektiert. Und das an attraktiven Wohnlagen. Andere Transformationsareale eignen sich zudem viel besser für Wohnnutzungen, zum Beispiel der Dreispitz Nord oder das Klybeck. Auf letzterem besteht ein Wohnraumpotential für 20 000 Menschen. Diese Entwicklungen müssen rasch vorangetrieben werden.

DIE FRAGWÜRDIGE ROLLE DER SBB IMMOBILIEN

Vor 120 Jahren hat die Rechtsvorgängerin der SBB das Areal von der damaligen Besitzerin enteignet – zu Bahnzwecken. Nun will SBB Immobilien das Areal mit einer Umzonung zu Wohnzwecken vergolden. «Die SBB Immobilien verfolgen in erster Linie Eigeninteressen», kritisiert Luca Urgese, Grossrat und Präsident der FDP.Die Liberalen Basel-Stadt. SBB Immobilien setzen die Basler Bevölkerung, die Politik und die Wirtschaft massiv unter Druck. Wenn die Stimmbevölkerung nicht spurt, droht SBB Immobilien, das Areal für mehr als ein Jahrzehnt brachliegen zu lassen. «Das ist eine leere Drohung», wie Grossrat Urgese erläutert. Die SBB Immobilien könnten sich das aufgrund des oft betonten Renditeauftrags des Bundesrats gar nicht leisten. Politisch würde es nicht akzeptiert werden, ein Areal dieser Grösse in Basel-Stadt ungenutzt zu lassen. Die SBB sind ein Staatsbetrieb und gehören der Allgemeinheit. Ein Nein am 25. November wäre der klare Auftrag für eine neue Planung, welche auch die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Wirtschaft berücksichtigt.

UNTERNEHMEN LEHNEN RATSCHLAG AB

Im Komitee «Nein zur Fehlplanung VoltaNord» sind auch zahlreiche Unternehmer vertreten. Einer davon ist Jean-Marc Wallach, Geschäftsführer der Schmoll AG, welche seit 1918 auf dem Lysbüchel ist. «Mit dem neuen Bebauungsplan reduziert sich die Fläche für das Gewerbe dramatisch», sagt Jean-Marc Wallach. Künftig stünde nur noch gut ein Drittel der Fläche zur Verfügung. Das angedachte Gewerbehaus der SBB Immobilien im Norden des Areals ist keine Option. Das Projekt sei nie konkret geworden und die verfügbaren Flächen wären ohnehin zu klein. «Für unseren Recyclingbetrieb ist es fast unmöglich, einen anderen Standort in Basel-Stadt zu finden.» Das produzierende und handwerkliche Gewerbe gehört zu einer lebendigen und attraktiven Stadt der kurzen Wege und bietet eine breite Palette von Arbeits- und Ausbildungsplätzen gerade auch im niederschwelligen Bereich. Doch dafür braucht es qualitativ geeignete Flächen für die gesamte Wirtschaft.

WIE WEITER NACH EINEM NEIN AM 25. NOVEMBER? 

Mit einem Nein geht der Ratschlag zurück an die Regierung mit dem klaren Auftrag, eine überzeugendere Planung vorzulegen. Dazu bleibt genügend Zeit. Denn aufgrund von bestehenden Baurechtsverträgen bis 2021 und anschliessenden Bodensanierungen dauert es noch mindestens bis 2025, bis die erste Wohnung auf dem Lysbüchel bezugsbereit ist. Es gibt keinen Zeitdruck. Dass bessere Planungen möglich sind, hat beispielsweise ein Anwohnerkomitee um Urban Manager Daniel Palestrina gezeigt. Diese alternative Projektierung würde eine klar verbesserte Trennung zwischen Wohnen und Gewerbenutzung vorsehen, sowie einen grosszügigen Park für die Bevölkerung.

WEITERE INFORMATIONEN: