Regierungsrätin Herzog: «Basel braucht diese Steuerreform»

17.01.2017

Bei der eidgenössischen Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III geht es um viel, zum Beispiel um Arbeitsplätze und die Attraktivität des Wirtschaftsstandstandortes Schweiz. Im Interview mit den «kmu news» erklärt die Basler Regierungsrätin Eva Herzog (SP), warum die Steuerreform für alle Unternehmen in Basel so wichtig ist.

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Engagiert: Finanzdirektorin Eva Herzog (SP) warnt vor einem Nein zur USR III am 12. Februar 2017.

«kmu news»: Warum ist die Steuerreform besonders wichtig?
Eva Herzog: In Basel-Stadt gibt es ungefähr 10 000 Gesellschaften. Zirka 500 davon sind sogenannte Statusgesellschaften, für die wir ein neues Besteuerungssystem finden müssen. Scheinbar ein kleiner Anteil also, aber das täuscht: Diese Unternehmen sind vom Steuervolumen her sehr wichtig. Sie sind für über 60 Prozent der Unternehmenssteuern, also Gewinn- und Kapitalsteuern, verantwortlich. Das entspricht insgesamt knapp 500 Millionen Franken jährlich, ein sehr grosser Betrag. Wir können nicht einfach das bestehende Steuerregime abschaffen, ohne diesen Firmen zu sagen, wie die zukünftige Besteuerung aussieht. Wenn diese Gesellschaften ordentlich besteuert würden, dann würde sich ihre Steuerbelastung verdoppeln bis verdreifachen. Deshalb brauchen wir diese Steuerreform.

Wie viele Arbeitsplätze stehen in Basel auf dem Spiel?
Die direkt betroffenen Firmen bieten in Basel-Stadt 32 000 Vollzeitstellen. Ungefähr die Hälfte der Wertschöpfung in Basel-Stadt wird direkt von diesen Firmen erbracht. Dies zeigt, dass es sich nicht um Briefkastenfirmen handelt.

Wie sieht es mit der Anzahl indirekt betroffener Arbeitsplätze aus?
Berücksichtigt man auch die Arbeitsplätze in den KMU, die den direkt betroffenen Firmen zuliefern und Aufträge für sie ausführen, dann ist die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze deutlich höher. Zudem geht es ja nicht nur um das Steueraufkommen der Unternehmen, sondern auch um die Löhne der natürlichen Personen, die dort arbeiten. Darum ist die Reform für die ganze Region sehr wichtig, insbesondere für Baselland.

«Nichts zu machen ist keine Option, und wenn jeder Kanton für sich die Unternehmensbesteuerung anpasst, wäre das schlechter und teurer für alle.»

Was würde passieren, wenn die Steuerreform abgelehnt wird?
Die Folge wäre eine grosse Unsicherheit. Die Gegner behaupten zwar, man wisse ja, welche Punkte der Vorlage man ändern müsse – auch wenn sie nicht konkret sagen, was genau. Das sei wenig und gehe schnell. Wenn es wirklich wenig wäre, so frage ich mich: Warum nehmen wir dann nicht die vorliegende Lösung, die wir sicher haben? Diese ist ein gut ausgehandelter Kompromiss und verfügt über international akzeptierte Instrumente. Ich denke nicht, dass eine andere Lösung einfach zu finden sein wird. Ein erneuter zwei- bis dreijähriger parlamentarischer Prozess mit ungewissem Ausgang wäre eine schwierige Situation für die Wirtschaft. Zumal wir die Statusgesellschaften ja trotzdem aufheben müssten. Nichts zu machen ist keine Option, und wenn jeder Kanton für sich die Unternehmensbesteuerung anpasst, wäre das schlechter und teurer für alle.

Was würde konkret passieren bei einem Nein? Würden tatsächlich Firmen abwandern?
Die Situation wäre sicher unterschiedlich. Roche und Novartis werden ja nicht im März den Hauptsitz verlegen. Aber es geht um Entscheide für die Zukunft. Wie wird entschieden, wenn es um Investitionen oder Ansiedlungen von Forschungs- und Entwicklungsgruppen geht? Diese Entscheide würden dann eher zugunsten von Boston oder Shanghai oder anderswo anstatt zugunsten von Basel ausfallen. Aber es gibt auch mobilere Unternehmen, dort könnte es durchaus eine Wegzugsthematik geben. Auch Neuansiedlungen von Firmen würden erschwert.

«Es ärgert mich sehr, dass die Gegner der Vorlage unsachlich argumentieren.»

Die Gegner behaupten, mit dieser Vorlage werden Milliardengeschenke an Pharma-Multis gemacht. Was sagen Sie dazu?
Man darf unterschiedliche Meinungen haben, aber ich finde, man soll redlich argumentieren. Die Steuerbelastung der Pharma-Unternehmen bleibt in etwa gleich oder steigt ein wenig. Profitieren werden andere: Es ist die Steuerbelastung der heute ordentlich besteuerten Unternehmen, die sinkt. Das stimmt, und alles andere ist einfach falsch. Es ärgert mich sehr, dass die Gegner der Vorlage unsachlich argumentieren.

Warum ist die Steuerreform auch für KMU wichtig?
Alle KMU, die Gewinnsteuern zahlen, profitieren direkt von der Senkung des Gewinnsteuersatzes. Aber auch die anderen KMU profitieren, indem die Auftragslage gut bleibt. Deshalb ist diese Reform für alle KMU wichtig. Wenn wir keine Lösung für die direkt betroffenen internationalen Firmen finden, dann verschlechtert sich die Gesamtsituation – durch Wegzüge, weniger Wachstum oder sinkende Investitionen.

Die Kantone haben ganz unterschiedliche Voraussetzungen. Wie wird das in der nationalen Vorlage berücksichtigt?
Obwohl die Voraussetzungen unterschiedlich sind, stehen alle Kantone hinter der Reform. Die nationale Vorlage stellt eine einheitliche Grundlage für die kantonalen Umsetzungen zur Verfügung. Und zwar in Form von genau definierten Instrumenten, welche die Kantone der eigenen Situation entsprechend anwenden können. Ebenfalls in der nationalen Vorlage enthalten sind Ausgleichszahlungen von 1,1 Milliarden Franken vom Bund an die Kantone, um Mindereinnahmen zu kompensieren. Wichtig ist ausserdem, dass die Wirkung der Steuerinstrumente in der Vorlage klar begrenzt ist.

Die konkrete Umsetzung der USR III geschieht in den Kantonen. Wie würde es nach einem Ja am 12. Februar weitergehen?
In Basel-Stadt hat die Regierung die kantonale Umsetzungsvorlage bereits präsentiert und eine Vernehmlassung durchgeführt (siehe «kmu news»-Bericht in der letzten Ausgabe, Anm. d. Red.). Dort haben wir auch Begleitmassnahmen für die gesamte Bevölkerung integriert, die meines Erachtens eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz der Vorlage sind. Darüber wird erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Die nationale Vorlage am 12. Februar stellt aber eine unabdingbare Voraussetzung für die kantonale Umsetzung dar.

www.steuerreform-ja.ch

USR III: DARUM GEHT ES

Am 12. Februar 2017 stimmt die Schweiz über die Unternehmenssteuerreform III (USR III)ab. Darum geht es: In der Schweiz können multinationale Gesellschaften momentan ihre im Ausland erwirtschafteten Gewinne viel tiefer versteuern, als jene Gewinne, welche in der Schweiz gemacht werden. Dies wird von der OECD und EU nicht mehr akzeptiert, und die Schweiz muss diese Steuerprivilegien jetzt abschaffen. Für diese sogenannten Statusgesellschaften bedeutet das, dass sie künftig doppelt bis dreifach so hohe Steuern bezahlen müssten. Schweizweit werden 24 000 Firmen mit 150 000 Arbeitsplätze privilegiert besteuert.

Mit der USR III sollen neue, international akzeptierte Steuerinstrumente eingeführt werden, um die Steuerbelastung der betroffenen Unternehmen in etwa gleich zu halten. Zudem würden künftig alle Unternehmen – ob KMU oder Grosskonzern – nach dem gleichen Regime besteuert. Zu den wichtigsten Instrumenten gehören die Patentbox, die Inputförderung und die zinsbereinigte Gewinnsteuer.

Mehr Informationen unter www.efd.admin.ch