Weiss? Schwarz? Elektrisch!
«Wenn schon eine neue Fassade, dann auch eine, die etwas kann!» So dachte man bei der Centra-Garage am Dreispitz und baute gleich die grösste Photovoltaik-Fassade der Stadt.
Wer noch vor ein paar Jahren an der Centra-Garage vorbeispazierte, hätte am Gebäude nicht erkannt, dass hier Autos einer Premium-Marke verkauft werden. Es musste also etwas geschehen, um dem Image von Volvo auch «äusserlich» gerecht zu werden. Deren Corporate Identity schreibt vor, dass ihre Verkaufsstätten mit weissem Glas verkleidet sein müssen. Das ist ein ziemlich teures Unterfangen und bringt realistisch gesehen – gar nichts.
VIELFÄLTIGE PHOTOVOLTAIK-FASSADEN
Der Architekt Werner Vetter schlug deshalb vor, stattdessen eine Photovoltaik-Fassade (PV) zu installieren. Das ist heute eigentlich kein Problem mehr. An einer Sonderausstellung zu Fassaden-PV zeigte die Umweltarena Spreitenbach kürzlich eine beeindruckende farbliche und materielle Vielfalt, mit der praktisch jede «normale» Gebäudefassade imitiert werden kann. Vor fünf Jahren war diese Vielfalt jedoch noch nicht so gross. PV-Module kamen mehrheitlich dunkelblau bis schwarz daher. Aber der Eigentümer der Centra-Garage Karl Rüedi setzte auf die Nachhaltigkeitsaffinität von Volvo. Mit diesem Argument im Gepäck sprach er in der Göteborger Firmenzentrale vor. Nach längerem Hin-und-Her und dem Besuch einer schwedischen Delegation in Basel erhielt die Centra-Garage eine Ausnahmegenehmigung für den Bau der PV-Fassade.
ALLES NUR FASSADE
Wer das alte Gebäude noch vor Augen hat fragt sich vielleicht, ob sich das bei der kleinen Fläche überhaupt lohnt. Karl Rüedi grinst schelmisch und meint, dass man es gemacht habe wie in Las Vegas: Die Fassade überragt das Gebäude und überspannt auf der einen Seite einen Leerraum. «Viel Fassade, nichts dahinter» funktioniert in diesem Fall hervorragend. So kommt man auf eine beachtliche Fläche von über 260m2. Nach Süden ausgerichtet erzeugt sie circa 70 Prozent des Strombedarfes der Garage pro Jahr.
LOKALE WERTSCHÖPFUNG, INTERNATIONALE AUSSTRAHLUNG
Die PV-Wand ist ein Hingucker und wertet die ganze Strasse auf. Die Ausstrahlung ist international. Ausländische Delegationen von Architekten und Ingenieuren, beispielsweise aus Japan, lassen sich die Anlage vorführen. Für die Region ist sie vor allem ein Signal, wie die lokale Wirtschaft von der Energiewende profitieren kann. Die PVModule wurden zwar nicht in der Schweiz gefertigt. Aber das Projekt wurde von der Basler Firma Solvatec realisiert. Die Metallkonstruktion, welche die Module hält, baute die Firma Fünfschilling aus Binningen. Bei der Frage nach der Pay-Back-Zeit winkt man bei der Centra Garage ab. Das sei gar nicht ausschlaggebend gewesen, da die Fassade sowieso erneuert werden musste. Eine neue Glasfassade wäre ähnlich teuer gewesen. So hat man ein Pilotprojekt mit internationaler Ausstrahlung geschaffen, welches monatlich Geld in die Kasse spült. Das Autohaus verkauft zudem seinen überschüssig produzierten Strom an die IWB.
EIGENVERBRAUCH OPTIMIEREN
Würde man heute ein ähnliches Projekt realisieren, wäre die Rentabilität noch um einiges höher, da die Preise für Photovoltaikmodule stetig sinken. Interessant ist natürlich, den produzierten Strom soweit wie möglich selbst zu verbrauchen. Gerade in Basel mit seinem hohen Strompreis ist das sehr attraktiv: Für jede kostenlos selbst produzierte und genutzte Kilowattstunde spart man eine teure Kilowattstunde aus dem Netz. Zusätzlich könnte mit einer Batterie Strom vor Ort zwischengespeichert und dann genutzt werden, wenn der Bedarf hoch ist. So wäre es möglich, teure Bedarfsspitzen zu brechen. Apropos Stromspeicher: Volvo plant, seine Fahrzeuge in Zukunft alle auch als batteriebetriebene Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bringen. Wenn sie bis dahin bidirektional nicht nur ge-, sondern auch entladen werden können, wäre das Problem des Zwischenspeichers schon fast gelöst. Denn der neue Autoturm mit 35 Autos, welchen die Centra-Garage kürzlich realisiert hat, verfügt bereits über Anschlüsse für Elektrofahrzeuge. In Zukunft könnte er zum modularen Energiespeicher mutieren.
Mittlerweile hat die Centra-Garage den Titel für die grösste PV-Fassade in Basel übrigens abgegeben. Der Grosspeter Turm hat mit fast 5000 Quadratmeter doch um einiges mehr. Karl Rüedi ist darüber überhaupt nicht enttäuscht: «Wir freuen uns, wenn die Energiewende weitergeht!»
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