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ASTRA

«Das Projekt entlastet Basel vom Verkehr»

«Das Projekt entlastet Basel vom Verkehr»

Der Rheintunnel ist für eine ökologischere Mobilität in der Region notwendig, sagt Jürg Röthlisberger, Chef des Bundesamts für Verkehr, im Interview mit den «kmu news».

«kmu news»: Jürg Röthlisberger, welche Vorteile bringt der Rheintunnel für die Region und insbesondere für den Kanton Basel-Stadt?

Jürg Röthlisberger: Der künftige Rheintunnel wird die bestehende Nationalstrasse ergänzen. Er unterquert die Stadt Basel und den Rhein von Birsfelden bis zum Badischen Bahnhof und schliesst dort an die Autobahnverbindungen nach Deutschland und Frankreich an. Weiter wird die bestehende A2 von Birsfelden bis zur Verzweigung Hagnau um je einen Fahrstreifen ausgebaut und teilweise überdeckt. Mit diesem Projekt können wir den Verkehr in der Region viel verträglicher gestalten. Wir schaffen auf der Autobahn die notwendige Kapazität, um die Quartiere aber auch die ganze Stadt und Agglomeration Basel vom unerwünschten Ausweichverkehr zu entlasten.

Welche besonderen Herausforderungen stellt der Bau des Rheintunnels in einem städtischen Gebiet wie Basel dar?

Eine grosse Herausforderung, an die man im ersten Moment vielleicht nicht denkt, ist die Materialbewirtschaftung der rund 5,2 Millionen Tonnen Ausbruch- und Aushubmaterial. Wir sind bestrebt, das Ausbruchmaterial möglichst wiederzuverwerten. Zwei Drittel werden im Bau oder für das Auffüllen von Kiesgruben verwertet. Ein Drittel wird in Deponien abgelagert. Da die Tunnelbohrmaschine von Birsfelden aus operiert, fällt dort auch das meiste Ausbruchmaterial an. Es wird per Lastwagen abgeführt oder via Förderband in den Hafen Birsfelden transportiert, wo es dann auf die Schiene oder Schiffe umgeladen wird.

Wie passt dieses Projekt in die Gesamtstrategie zur Verbesserung der Mobilität in der Region?

Mit dem neuen Rheintunnel verteilt sich der Verkehr, wodurch es weniger Stau und stockenden Verkehr geben wird. Fliesst der Verkehr auf der Autobahn, wird sich der ungewünschte Ausweichverkehr in den Quartieren zurück auf die Autobahn verlagern. Und auch Birsfelden wird entlastet: Mit dem Rheintunnel wird knapp 30 Prozent weniger Verkehr durchs Zentrum verkehren. Auf der Birseckstrasse wird die Entlastung sogar noch 10 Prozent höher ausfallen. Muttenz seinerseits kann mit dem Ausbau der A2 zwischen Hagnau und Augst entlastet werden. Dieses Projekt entwickeln wir parallel zum Rheintunnel, in engster Abstimmung mit den beiden Kantonen.

Welche Rolle nimmt hierbei die Osttangente ein?

Die Osttangente ist mit über 130 000 Fahrzeugen pro Tag eine der am stärksten befahrenen Autobahnen der Schweiz. Dies führt entsprechend zu vielen Staustunden und die heutige Infrastruktur ist nicht resilient: Wir verzeichnen zwei bis drei Stunden täglich oder bis zu 1000 Stunden pro Jahr. Unfälle und Pannenfahrzeuge führen sofort zu zusätzlichem Stau und Ausweichverkehr.

Wieviel Fläche für andere Nutzungen würden aufgrund der Überdeckungen entstehen, z.B. im Raum Birsfelden?

Angeregt und mitfinanziert durch den Kanton Basel-Landschaft wird die Autobahn auf einer Länge von rund 340 Meter überdeckt. In erster Linie reduziert dies den Verkehrslärm massiv. Die Oberfläche ist dann frei gestaltbar. Die Gemeinden Muttenz und Birsfelden werden dazu die Bevölkerung miteinbeziehen.

Wie bewertet das ASTRA die Umweltauswirkungen des Rheintunnels, insbesondere im Hinblick auf die CO2-Neutralität?

Heute sind ein Viertel der neu verkauften Fahrzeuge Steckerfahrzeuge – Tendenz steigend. Der Anteil des Strassenverkehrs am CO2-Ausstoss wird somit laufend zurückgehen und entsprechend müssen wir die Ausbauten rund um Basel mit der Mobilität der Zukunft denken, nicht mit derjenigen von heute! Die Mobilität der Zukunft benötigt sichere, verfügbare und unterhaltsfähige Verkehrsinfrastrukturen, wie den Rheintunnel und die verbesserte Osttangente.

Wie ist der Zeitplan für das Projekt?

Seit dem 15. November liegen die Pläne bis am 14. Dezember öffentlich auf. Wir gehen heute davon aus, dass das Plangenehmigungsverfahren 2026 abgeschlossen werden kann. In diesem Fall wäre ein Baustart frühestens 2029 möglich.

Wie sieht es aus mit der Finanzierung?

Die Gesamtkosten des Rheintunnels belaufen sich auf rund 2,59 Milliarden Franken. Die Mittel für den Bau stammen aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds, NAF. Darin fliessen die Einnahmen aus dem Mineralölzuschlag, der Autobahnvignette, der Automobilsteuer und in der Regel zehn Prozent aus dem Mineralölsteuerzuschlag. Das Projekt, wie übrigens auch sonst der Bau und Betrieb der Nationalstrassen, ist somit vollumfänglich nutzerfinanziert.

Wie plant das ASTRA, die Anwohner und Stakeholder in Basel in den Planungs- und Bauprozess des Rheintunnels einzubeziehen?

Es ist dem ASTRA ein wichtiges Anliegen, die Bevölkerung frühzeitig über Bauprojekte zu informieren. In den letzten anderthalb Jahren haben wir daher zahlreiche Infoanlässe und Foren durchgeführt, sowohl für Vertreterinnen und Vertretern von Politik, Behörden, Umwelt Wirtschaft und Verkehr und – das ist für mich ganz wichtig – für die Bevölkerung. Denn sie sind es, die vom Verkehr entlastet werden und von zuverlässigeren Verbindungen profitieren. Doch es ist auch die Bevölkerung, die während des Baus punktuell Einschränkungen erfährt. Nur mit Information erhalten wir den Goodwill der Anwohnerinnen und Anwohner. Und auf diesen sind wir angewiesen. Genauso wichtig ist die gute und konstruktive Zusammenarbeit mit den Standortkantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt.